«Bereits während meines Bachelorstudiums interessierte mich Digitalisierung»
«Ursprünglich absolvierte ich eine Lehre zum Zeichner bei BRH Architekten in Basel mit begleitender Berufsmatura. Danach habe ich im Baumanagement-Büro Addministra GmbH in Pratteln gearbeitet. Schlussendlich führte mich meine Reise zur Hochschule für Architektur, Bau und Geomatik FHNW und zum Bachelor of Arts in Architektur am Campus Muttenz, den ich letztes Jahr erfolgreich abgeschlossen habe. Bereits während meines Bachelorstudiums interessierten mich die Themen Digitalisierung und Zusammenarbeit. Für mich schien die Schweizer Baubranche in Bezug auf Fortschritt noch in den Kinderschuhen zu stecken, weshalb ich grosses ungenutztes Potenzial in einem vertieften Studium dieser Themen sah.
Mein persönliches Interesse an Zahlen, Daten und Koordination hat mich dazu bewegt, mich für das Master-Studium einzuschreiben. Es schien die perfekte Gelegenheit zu sein, die nicht nur mein Wissen in Architektur erweitert, sondern auch meinem persönlichen Interesse an Optimierung und Analysen gerecht wird. Bisher hatte ich leider nur begrenzte Möglichkeiten, an rein digitalen Bauprojekten mitzuwirken. Es beschränkte sich immer auf 2D-Modellierung und ausgedruckte Pläne. In meiner jetzigen Arbeit in der CAD-Qualitätssicherung habe ich nun die Chance, Building Information Modeling (BIM) in den alltäglichen Berufsalltag zu integrieren.»
Von der Theorie zur Praxis: Digitale Transformation bei Blaser Architekten
«Bei Blaser Architekten wird bereits zu 95% digital gearbeitet, daher ist der Schritt zu BIM und VDC nicht mehr weit. Da das Studium aus zwei Hauptteilen mit entsprechenden Unterfächern besteht (Informationsmodellierung und -management sowie Zusammenarbeit und Prozessgestaltung), gibt es viele Aspekte, die ich bereits im Berufsalltag anwenden kann. Derzeit aktualisiere ich das bürointerne CAD-Handbuch und gehe dabei besonders auf die Frage des «Warums» und zielorientiertes Arbeiten ein. Das Handbuch umfasst auch Elemente der Informationsmodellierung und Prozessgestaltung. Mein Vorschlag, das CAD-Handbuch mit den genannten Inhalten zu erneuern, stiess im Team auf grosse Zustimmung. Ebenfalls haben nahezu alle die von mir erstellte Selbsteinschätzung ausgefüllt, was für mich bedeutet, dass bei den Zeichnenden durchaus die Bereitschaft und der Wille da ist, in Ko-Kreation zu arbeiten.
Unser Geschäftsführer Christian W. Blaser hat auch positiv darauf reagiert und betont, dass er es schätzt, dass ich frischen Wind ins Team bringe und dass es sehr wertvoll ist, jemanden wie mich im Team zu haben. Für den Glossar-Teil zu Baustoffen und allgemeinen Begriffen aus der Baubranche im Handbuch habe ich übrigens eine umfangreiche Liste erstellt, die nun von den Bauleitenden im Büro überprüft und gegebenenfalls angepasst wird. Ich bin also auch selbst kooperativ unterwegs.
Im Januar fand der erste CAD-Austausch an einem runden Tisch statt. Dabei wurde den Zeichnenden eine offene Plattform für Feedback und Probleme geboten, welche wir im Plenum besprechen konnten. Ebenfalls wurde ganz im Sinne der Ko-Kreation die Erstversion des CAD-Handbuchs an einige interessierte Zeichnende ausgegeben, so dass ich direkt Rückmeldungen und wie bei den Bauleitenden und dem Begriffsglossar Ergänzungen implementieren konnte. Die Zusammenarbeit und Struktur sind zwei Schwerpunkte, auf die ich besonderen Wert lege. Ist es jetzt Koordination, Kooperation oder Ko-Kreation? (Wenn du wissen möchtest, was der Unterschied zwischen diesen Begriffen ist, empfehle ich dir, einfach an einem der vielen Infoanlässe des MSc VDC teilzunehmen).
Bei der Projektabwicklung steht das Planen nach der BIM-Methodik noch am Anfang. Aber wenn das bereits perfekt laufen würde, hätte ich ja nichts mehr zu tun. Mein Wissen aus dem Studium bringe ich auch im CAD-Team bei der Entwicklung von Prozessen zur Kommunikation und Modellierung digitaler Bauwerke ein.»
Die Herausforderung der Digitalisierung in der Schweizer Baubranche: Ein Blick aus der Praxisperspektive
«Wie bereits erwähnt, scheint die Schweizer Baubranche im internationalen Vergleich nur langsam voranzukommen, was die Digitalisierung betrifft. Dabei meine ich nicht nur das einfache Anwenden digitaler Werkzeuge, da steht die Schweiz meiner Meinung nach nicht schlecht da. Es geht vielmehr darum, digitale Hilfsmittel sinnvoll und richtig einzusetzen, um die Branche effizienter zu gestalten. Das betrifft sowohl die Projektabwicklung als auch die Kommunikation zwischen interdisziplinären Teams. Man sieht also, dass ich viele Dinge direkt in meiner Arbeit umsetzen kann. Ich finde auch grossartig, dass Blaser Architekten offen für neue Ideen sind und wir so einen Beitrag zur digitalen Transformation in der Baubranche leisten können. Ohne diese Flexibilität wäre die Umsetzung deutlich schwieriger.
Wenn wir uns überlegen, welches die entscheidenden Faktoren für eine gelungene digitale Transformation in der Baubranche sind, dann fällt mir als erstes ein, dass wir offen bleiben müssen für Veränderungen. Wir als Menschen machen gerne alles so, wie wir es immer schon gemacht haben und haben Angst vor Neuerungen. Trotzdem hat es hat keine 20 Jahre gedauert, bis praktisch jede Person ein Smartphone in der Tasche hatte oder wir on-demand Filme und Serien konsumieren konnten. Ich für meinen Teil vermute deshalb, dass zweierlei Dinge zum Vorantreiben der digitalen Transformation führen. Zum einen greifen wir auf digitale Produkte und Hilfsmittel zurück, wenn sie unsere Bequemlichkeit fördern, und zum anderen, wenn sie gegenüber analogen Werkzeugen ökonomische Vorteile bieten. Diese beiden Punkte - Bequemlichkeit und ökonomische Vorteile - sind meiner Meinung nach die essenziellen Initiatoren für eine gesellschaftlichen und kulturellen Wandel. Heute würde auch niemand mehr sagen, er oder sie habe Angst vor einer Nähmaschine oder ziehe es vor, Kleidung von Hand zu nähen, nur weil es vor ein paar hundert Jahren so gemacht wurde. Wenn wir Unternehmen die wirtschaftlichen Vorteile und den Nutzenden die vereinfachte Handhabung (Stichwort «Data Literacy») näherbringen können, denke ich, dass der digitale Wandel in der Baubranche schnell und von allein stattfinden wird.»
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Dieser Beitrag ist ein Auszug aus dem FHNW-Blogartikel «Direkte Umsetzung des Gelernten: Ein Vorteil des berufsbegleitenden Master-Studiengangs Virtual Design and Construction» mit Ergänzungen aus dem Büro Blaser Architekten. Der Originalbeitrag ist hier publiziert: https://www.fhnw.ch/de/die-fhnw/hochschulen/architektur-bau-geomatik/institute/institut-digitales-bauen/virtual-campus/alle-news/direkte-umsetzung-des-gelernten-ein-vorteil-des-berufsbegleitenden-master-studiengangs-msc-fhnw-vdc-virtual-design-and-construction